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BARS Startup Portrait: Groovecat aus Mannheim

26.06.2018

Im BARS Startup Portrait stellen wir heute das junge Unternehmen Groovecat vor, in das unser BARS Mitglied Dr. Andrea Kranzer vor kurzem investiert hat. Beim stepUSA Pitch konnte Groovecat vergangene Woche den ersten Platz abräumen. Als Preis wird das ganze Team im Dezember nach New York zu einem 5-tägigen "Bootcamp" eingeladen. Dort dürfen sie im Rahmen des stepUSA Programms Experten aus der Industry, Mentoren und VCs kennenlernen mit dem Ziel in den US Markt einzusteigen. Groovecat ist eine App, mit der die User ihre Musikmomente einfangen können und mit der erstmals Rückschlüsse der emotionalen Wirkung von Musik auf den Menschen auf Grundlage von User-Daten möglich sind. 

Wann kam Ihnen die Idee, eine eigene Firma zu gründen?

Als wir anfingen, waren wir noch Studenten an der Popakademie Baden-Württemberg. Da bekamen wir eine Menge Unterstützung von den Dozenten und das Feedback, dass diese Idee und das Team funktionieren können. Irgendwie hatten wir auch schon von Anfang an das Gefühl, das richtige Dreiergespann zu sein. Wir verstanden uns gut und hatten die gleiche Vision – warum also nicht gründen?

Welche Zukunftsängste hatten Sie zu Beginn Ihrer Gründung? Wie beurteilen Sie diese aus heutiger Sicht rückblickend?

Das hielt sich eigentlich in Grenzen. Wir hatten im Rahmen des Curriculums sowieso ein Praktikum zu bestreiten, was wir uns in der frisch gegründeten UG einfach selber gaben. Hinzu kam der Support der MFG Stuttgart, die uns ein Startbudget von 10.000 EUR im Rahmen des BW Goes Mobile Ideenpreises ermöglichten. Rückblickend haben wir mit unserer Neugründer-Naivität den Arbeitsumfang, der mit einer Startup-Gründung einhergeht, schlichtweg unterschätzt. Wir hatten uns Ende 2016 echt verkalkuliert, da unsere erste Idee eben nicht funktionierte, wir parallel unsere Masterarbeiten schrieben und auch noch durch ganz Deutschland zu verschiedenen Pitchveranstaltungen und Investorenmeetings reisten. Da hatten wir mächtig Zukunftsangst. Inmitten dieser Zeit fiel dann der Entschluss: Pivot! Und mit neuem Konzept und frischem Geist neu angreifen. Das hat funktioniert. Wir haben mittlerweile alle unseren Masterabschluss, sind gefunded, unser Prototyp funktioniert und wir bereiten unseren Markteintritt vor. Ein ziemlich gutes Gefühl. Die Zukunftsangst ist einem Grundoptimismus gewichen.

Welche Anlaufstellen für Gründer können Sie empfehlen?

Wir waren da in Mannheim ziemlich verwöhnt – hatten von Anfang an gleich drei, vier Anlaufstellen mit Sonja Wilkens, Matthias Rauch, Frank Zumbruch und natürlich der Popakademie. Wir wissen nicht, wie es in anderen Städten aussieht, aber der Support in Mannheim hatte schon erheblichen Einfluss auf unsere Entscheidung zu gründen.

Zu welchem Zeitpunkt haben Sie beschlossen, dass Sie bei Ihrer Gründung mit Investoren zusammen arbeiten wollen oder müssen?

Eigentlich seit Tag 1. Wir wussten, dass unsere Idee lange keine Umsätze, geschweige denn Gewinne erzielen wird. Außerdem hatten wir einen ziemlich verklärten Eindruck vom Startup-Leben und Silicon Valley usw. Wir dachten: Nehmen wir einfach ein bisschen Venture Capital auf und schon läuft der Hase. Tut er halt nicht.

Welchen Tipp können Sie Gründern geben, die über eine Zusammenarbeit mit Investoren nachdenken, aber den ersten Schritt in diese Richtung aus welchen Gründen auch immer noch nicht gewagt haben?

Der erste Schritt ist nicht jener, über den man lange nachdenken sollte. Vielmehr, wenn man das „ja“ schon hat, ob man wirklich mit einem bestimmten Investor gehen möchte. Es gibt nichts Unverbindlicheres als ein erstes Meeting mit einem Investor. Davor sollte man keine Angst haben, sondern so viele Investoren kennenlernen wie möglich. Es gibt für alles den perfekten Investor. Wenn du dich mit deinem Startup in eine andere Richtung bewegst, kann es sein, dass du uninteressant für einen Investor wirst, der vorher noch perfekt war. Vielleicht passt du aber dann ins Portfolio eines anderen VC’s. Da ist es dann gut, dort bereits einen Ansprechpartner zu haben.

Wie leicht oder schwer war es Investoren für Ihr Projekt zu finden? Wie lange hat es gedauert? Wie viele Anläufe haben Sie unternommen?

Mit unserem ersten Modell haben wir eigentlich nur Rückschläge einstecken müssen. Wir hatten ca. 3-4 Investorenmeetings und keiner hat eine Chance gesehen, zu monetarisieren. Nur Andrea Kranzer, die auch mittlerweile bei uns investiert ist, hat von Anfang an Interesse bekundet, da sie auf das Team gezählt hat. Sie war davon überzeugt, dass wir schon irgendwie unseren Weg gehen werden und hatte im Endeffekt Recht. Nichtsdestotrotz ist es nicht einfach, mit einem Musik-Modell Investoren zu finden, daher sind wir sehr glücklich dass wir neben Andrea Kranzer noch den Beteiligungsfonds der Stadt Mannheim, der für die Kreativwirtschaftsforschung ins Leben gerufen wurde, von uns überzeugen konnten. Nun konnten wir unseren Business Case validieren und zeigen, dass unsere Idee funktioniert – und mit diesen Ergebnissen auch andere Investoren überzeugen.

Wie wäre es mit Ihrem Unternehmen (wahrscheinlich) weiter gegangen, wenn Sie keine Investoren gefunden hätten?

Investoren erkennen oft innerhalb von Sekunden, ob man mit einer Idee potenziell Geld verdienen kann oder nicht. Und das ist oftmals enorm hilfreich für Startups. Wenn man keinen Investor findet, heißt es, dass man sein Business Modell noch einmal reflektieren sollte - so lange, bis endlich ein Investor interessiert ist. Dann weiß man, dass das Business Modell wirtschaftlich nachhaltiger ist, als es vorher war. Wir hätten auch nicht davor zurückgeschreckt, noch einmal alles neu zu strukturieren. Aber natürlich sind wir froh, dass es mit unserem jetzigen Modell geklappt hat.

Was war der größte Fehler oder die größte Fehleinschätzung, die Sie bei Ihrer Gründung gemacht haben? Was würden Sie rückwirkend anders machen?

Wie zuvor beschrieben, war es der Arbeitsaufwand. Wir haben uns da viel aufgehalst. Außerdem haben wir das Ganze mit den Investoren auf die leichte Schulter genommen. Wir dachten: Ach, unsere Idee ist schön und wir haben ein gutes Team, das wird schon irgendwie laufen. Aber unser Business komplett in Worte zu fassen und innerhalb von Sekunden präzise darstellen zu können, das ist die hohe Kunst. Das würde ich auch jedem/er Neugründer/in raten: Hab deinen Elevator Pitch und die wichtigsten Kennzahlen deines Marktes immer parat. Da hatten wir wohl viel unnötigen Churn, weil wir anfangs manchmal einfach nicht vorbereitet waren. 

Welche Chancen und welche Einschränkungen ergeben sich durch die Arbeit mit externen Investoren?

Ich würde sagen, dass in erster Linie das regelmäßige Reporting eine große Veränderung darstellt. Man merkt dann, dass man anderen Leuten Rechenschaft leisten muss und nicht mehr nur für sich selbst arbeitet. Das bringt einerseits Mehraufwand, andererseits zwingt es ein Startup geradezu dazu, sein ganzes Business operativ gerade zu halten und besser zu planen. Es wird einfach alles professioneller, was definitiv positiv ist. Wir haben Investoren, die uns strategisch sowie taktisch komplett freie Hand lassen und uns zudem oft Intros zu weiteren Investoren machen. Das ist Luxus.

Was ist die wichtigste Erkenntnis aus Ihrer Zusammenarbeit mit Investoren?

Halte dein Vertragswerk gerade! In der Gründungsphase häufen sich schnell potenzielle Altlasten an, da man auf Gefallen von Menschen angewiesen ist und sich noch keine Anwälte leisten kann. Da steht ganz schnell mal eine stille Beteiligung auf einem wackeligem Vertragswerk. Sich hier die Zeit zu nehmen, jeden Vertrag auf alle Eventualitäten zu checken und ergänzend noch den Juristen-Schwager des Freundes der Klassenkameradin oder sonst wen aus dem eigenen Netzwerk zu fragen, ob er ein Auge drüber wirft, ist essentiell. Denn Investoren reagieren auf so etwas allergisch. Zum Glück war Verena Eisenlohr, die als Anwältin für Unternehmensrecht den Beteiligungsfonds der Stadt Mannheim verwaltet, sehr geübt darin, solche Fehler zu entdecken. So konnten wir das Beteiligungsverhältnis altlastenfrei eingehen.

Inwiefern hat die Arbeit mit Investoren die ursprünglichen Pläne für Ihr Unternehmen beeinflusst?

Nur im Vorfeld. Eben bei der Suche nach dem geeigneten und revolutionären Geschäftsmodell war die Einschätzung von Investoren sehr hilfreich.

Wie hat sich Ihr Unternehmen seit der Beteiligung von Business Angels entwickelt? In welchem Verhältnis steht diese Entwicklung zu dem, was Sie sich durch die Beteiligung von Business Angels erhofft hatten?

Wir konnten einen Full-Stack Entwickler anstellen, der täglich mit unserem CTO die App weiterentwickelt. Wir haben unsere Geschwindigkeit damit verfünffacht. Wir können jeden Tag ins Büro gehen und uns auf die Entwicklung der Firma konzentrieren anstatt jeden Tag um Geld bangen zu müssen. Wer schon einmal Geldsorgen hatte, weiß, wie das den Kopf blockieren kann. Wir sind von einem Projekt zu einem ernstzunehmenden Unternehmen gewachsen – und mit dem Unternehmen auch unser Selbstbewusstsein. Das wäre ohne die Hilfe unserer Business Angel und des Beteiligungsfonds nicht möglich gewesen – sowohl auf der konzeptionellen als auch auf der finanziellen Seite.

Wie stellen Sie sich die nahe und ferne Zukunft für Ihr Unternehmen vor?

In naher Zukunft konzentrieren wir uns darauf, unsere App auszubauen und den Datenschatz, auf dem wir sitzen, zu vergrößern. Aus den Erkenntnissen daraus können wir noch bis Ende 2018 unser Business Modell aufziehen und erste Umsätze generieren. Das wird spannend. Je größer unser Datenschatz wird, desto interessanter sind wir auch für andere, große Unternehmen wie Spotify und Apple. Die beiden haben in der Vergangenheit gezeigt, dass sie irgendwie an die Daten kommen wollen, die wir bereits sammeln. Das macht uns zu einem interessanten Unternehmen für einen Exit.